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St. Simeon Kirche in Kreuzberg – die erste Flüchtlingskirche Deutschlands

Am 8. Oktober 2015 wurde im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes in der Kreuzberger St. Simeon Kirche die erste Flüchtlingskirche Deutschlands eröffnet.

Das Konzept

In ihrer Idee verbindet die Flüchtlingskirche innovativ diakonische und kirchliche Arbeit und ist ein offener Ort für Menschen, ungeachtet ihrer Herkunft, Konfession, rechtlichem Status, Alter, Geschlecht, Sprache.

Flüchtlingskirche in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO)

Die Zahl der Menschen, die Schutz außerhalb ihres Heimatlandes suchen, ist in den vergangenen Monaten stark angestiegen. Neben stark belastenden Lebensbedingungen bedrücken die Menschen Sorge um Ergebnis der Asylgesuche, jahrelange Ungewissheit, Angst vor Abschiebung, restriktive Bewegungsmöglichkeiten, Perspektivlosigkeit und die Trennung von Familie durch Flucht oder unter-schiedliche Aufenthaltsorte fern der Heimat. Das Leben hier ist für die Menschen geprägt durch Stress, Orientierungslosigkeit, keine Privatsphäre. Junge Menschen werden aufgrund ständigen Über-lebenskampfs schnell vereinzelt und isoliert. Insbesondere für Familien mit Kindern ist die Situation sehr belastend.

Es ist Aufgabe der Kirche, verfolgten und bedrängten Menschen beizustehen, wenn diese ihre Hilfe benötigen. Die dezentrale Struktur kirchlicher Arbeit mit und für geflüchtete Menschen in Gemeinden, Kirchenkreisen, Vereinen und diakonischen Einrichtungen hat sich bewährt.

Die Flüchtlingskirche - als ein Ort für soziale und kulturelle Begegnungen, Kontakte und Veranstaltungen von und mit geflüchteten Menschen, ein Ort des Ankommens, der Begegnung, der Spiritualität, der Bildung, Beratung und Begleitung – stärkt die vorhandenen Strukturen und entwickelt die Arbeit gemeinsam mit Kirchenkreisen und Gemeinden weiter. In ihrer Idee verbindet die Flüchtlingskirche innovativ diakonische und kirchliche Arbeit und ist ein offener Ort für Menschen, ungeachtet ihrer Herkunft, Konfession, rechtlichem Status, Alter, Geschlecht, Sprache.

Ziel und Grundsatz

Ziel der Flüchtlingskirche ist die Öffnung sozialer Infrastruktur für geflüchtete Menschen: indem Zugangswege für geflüchtete Menschen zu verschiedenen Angeboten und Regeldiensten durch Information und Begleitung durch Ehrenamtliche geebnet und für geflüchtete Familien geöffnet wird, werden Brücken geschlagen zwischen den Menschen und für geflüchtete Menschen zu bestimmten Angeboten entsprechend ihrer Bedürfnisse.

Ziel der Flüchtlingskirche ist es, Menschen mit und ohne Fluchterfahrungen ressourcen- und bedarfs-gerecht für das Ehrenamt zu gewinnen, zu qualifizieren, zu koordinieren und in ihrem Einsatz mit und für geflüchtete Menschen zu begleiten. Sie bilden einen wichtigen Anker inmitten von Unsicherheit und Orientierungslosigkeit.

Das Ehrenamt ist als positives gesellschaftliches Engagement ein – zu festgelegten Rechtsansprüchen des Sozial- und Asylrechts - zusätzliches Angebot.

Mit steigender Schutzsuche von Menschen außerhalb ihrer Heimat, sind einerseits immer mehr Menschen bereit, sich in der Flüchtlingsarbeit zu engagieren und Unterstützung anzubieten, bei anderen Menschen entstehen große Ängste, wodurch sich Vorurteile verhärten und ausgrenzende und diskriminierende Wirkung haben können. Es finden Sensibilisierungs-/Informationsveranstaltungen und kulturelle Veranstaltungen statt, um in konstruktiv-dialogische und kritische Auseinandersetzung zu den Themen rund um Flucht, Asyl und Menschenrechte zu gelangen. Es gilt, eine Willkommenskultur mit selbstverständlicher Anerkennung der Vielfalt in der Gesellschaft zu fördern.

Durchgängiges Ziel der Flüchtlingskirche ist es, Menschen sichtbar zu machen, die ungesehen sind. Ziel ist es, Ihnen eine Stimme zu geben. Insbesondere in der Flüchtlingskirche sollen die Geflüchteten einen Raum erhalten, in dem sie aktiv ihre Ideen und Interessen einbringen, eigene Projekte entwickeln und umsetzen können.

Unerlässliches Ziel der Flüchtlingskirche ist der Versuch, Menschen in und mit ihren Perspektiven zu unterstützen.

Ziel ist gleichzeitig auch die innovative Verbindung diakonischer und kirchlicher Arbeit.

Selbstverständnis

Kern der inklusiven Arbeit der Flüchtlingskirche ist der Perspektivwechsel: mit geflüchteten Menschen wird gemeinsam gearbeitet, sie werden in ihrer Eigenständigkeit unterstützt. Die Idee nimmt sie als gleichberechtigte Partner ernst und bietet in Absprache mit ihnen Unterstützung an, entwickelt Perspektiven.

Die Grund- und Menschenrechte – und damit Gewaltfreiheit, demokratische Teilhabe und gelebte Vielfalt - sind in unserer täglichen pädagogischen Arbeit vorausgesetzt.

Eine anerkennende und wertschätzende Kommunikation, Toleranz, Respekt und Vorurteilsbewusstheit, sowie Vertrauen, Empathie und Ehrlichkeit sind Teil einer Grundhaltung der Mitarbeiter_innen  und sind gleichzeitig Zielformulierungen und Einladungen für Besucher_innen im Umgang miteinander zu beherzigen.

Bereiche

1. Kulturelle und Bildungsveranstaltungen

In der Flüchtlingskirche sind Veranstaltungen unterschiedlichen Schwerpunkts geplant:

- Bildungs- und Fortbildungsangebote für ehren- und hauptamtlich Tätige im Bereich der Arbeit mit geflüchteten Menschen,

- Trainings und Qualifizierung für geflüchtete Menschen

Es gibt Raum für die Entwicklung und Durchführung von Vorträgen, Diskussions- und Informations-veranstaltungen, sowie für die Entwicklung und Etablierung von kulturellen Veranstaltungen, Abende und Zusammenkünfte, wie beispielsweise Theater, Chor, Konzerte, Ausstellungen, Lesereihen in unter-schiedlichen Sprachen.

2. Spirituelles Angebot und interreligiöser Dialog

Nicht die unendlich, unerreichbaren Aufgaben, sondern der jeweils gegebene erreichbare Nächste ist das Transzendente. Gott in Menschengestalt.“  (Dietrich Bonhoeffer: Widerstand und Ergebung)

 Die Flüchtlingskirche eröffnet einen Raum besonderer Begegnung. Menschen ganz unterschiedlicher kultureller und religiöser Prägung können hier unter einem Dach von und füreinander Lernen.  Die bisherigen Erfahrungen und Erkenntnisse des interreligiösen Dialoges der EKBO treffen hier auf eine fragile und aktuelle Schnittstelle in unserer multikulturellen Gesellschaft. 

Gerade im Bereich der Spiritualität wird der zunehmenden Verschiedenheit von religiöser Beheimatung in unserer zur Veränderung  geforderten Gesellschaft Rechnung zu tragen sein. Die Würde des Menschen, seine Fragen und Sorgen, aber auch seine/ihre Begabungen stehen im Mittelpunkt.

In der Flüchtlingskirche wird es ganz unterschiedliche spirituelle Angebote geben. Diese richten sich an Menschen aller Konfessionen und Religionen, gleich ob Friedensgebet, besonderer Gottesdienst, bzw. Gottesdienstreihe oder beim „Politischen Abendgebet“ - alle werden in liturgischer Gastfreundschaft miteinander gefeiert und suchen nach vertrauten und neugewonnenen Ausdrucksformen des Glaubens. So stellt sich die Flüchtlingskirche sehr konkret die Frage nach der Gestaltung „eines gelebten Dialoges“, das heißt nach dem Verhältnis des christlichen Glaubens zu den anderen Religionen.

Die Seelsorge in der Flüchtlingskirche eröffnet ein weiteres Handlungsfeld. Sie ist ein Angebot für geflüchtete Menschen und für ehrenamtlich Engagierte, gleich ob diese Muslime, Christen, oder explizit auch Nichtreligiöse sind. Sie zielt ab auf eine  Stärkung des Lebens und zum Leben bei aller Verschiedenheiten - auf dem Boden des christlichen Glaubens. In einer Gesellschaft, die sich der weltanschaulichen Neutralität verpflichtet weiß, wird die Kirche so zu einem Raum, an dem ein religiöses Zusammenleben und Voneinander lernen erprobt werden kann, ohne dass sich eine gleiche Gültigkeit  auf eine  religiöse Gleichgültigkeit reduziert.

3. Beratung und Begleitung  

An drei Tagen in der Woche bietet Asyl in der Kirche Berlin e.V. kostenlose aufenthalts- und sozialrechtliche Beratung für Asylsuchende, Flüchtlinge und Menschen ohne Papiere an. Als ökumen-isches Netzwerk unterstützt der Verein seit über 30 Jahren Kirchengemeinden und Kirchenkreise in ihrem Engagement für Flüchtlinge, berät rund um das Thema „Kirchenasyl“ und begleitet kirchen-asylgewährende Gemeinden in Berlin und Brandenburg. Im Einzelfall werden praktische Hilfsangebote vermittelt, hierzu arbeiten wir eng mit unserer Freiwilligengruppe Weltweit zusammen.

Durch Information und Begleitung werden für geflüchtete Familien Zugangswege zu verschiedenen Angeboten und Regeldiensten geöffnet, so besteht beispielsweise eine sehr enge Zusammenarbeit mit dem Interkulturellen Familienzentrum tam. und der dort angebotenen sozialen und Familienberatung, der Kita und den Bildungsangeboten der Familienbildung. Es werden Brücken geschlagen zwischen den Menschen und für die geflüchteten Menschen zu bestimmten Angeboten. Das Begleitungsangebot der Flüchtlingskirche wird in enger Zusammenarbeit mit den IntegrationslotsInnen für geflüchtete Menschen durchgeführt.

4. Cafe „Coffee to-gether“

Das Herzstück der Flüchtlingskirche bietet Raum für Begegnung. Ungeachtet der Konfession und Herkunft richten sich die Angebote an Menschen mit und ohne Fluchterfahrung, an Mitarbeitende im Haupt- und Mitarbeitende/Interessierte im Ehrenamt der Flüchtlingsarbeit, Gemeinden, alle interessierten Menschen.

Mitarbeiter/innen

Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind interprofessionell und mehrsprachig, mit und ohne Flucht- /Migrationserfahrung. Es besteht eine enge Zusammenarbeit mit den Lots_innen für geflüchtete Menschen.

Ein Beirat mit Vertreter/innen aus Flüchtlings- und Migrationsarbeit ist für die Flüchtlingskirche ein beratendes Gremium.

Organisation, Kooperation und Wirkungskreis der Flüchtlingskirche

In enger Kooperation mit dem Verein Asyl in der Kirche Berlin e.V. und seiner Freiwilligengruppe Weltweit, mit dem Kirchenkreis Berlin Stadtmitte, der EKBO, dem Berliner Missionswerk und dem Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz trägt das Diakonischen Werk Berlin Stadtmitte e.V. die Flüchtlingskirche in der St.-Simeon-Kirche, Wassertorstr. 21a, 10969 Berlin Kreuzberg.

Ihr Wirkungskreis ist mit mobilen Angeboten (zwei Pfarrstellen in Teilzeit) gesamt Berlin-Brandenburg und schlesische Oberlausitz.

Letzte Änderung am: 25.07.2018